James Brown trug Lockenwickler
James Brown trug Lockenwickler
von Yasmina Reza
Nach den vielgefeierten Gesellschaftskomödien „Dreimal Leben“, „Der Gott des Gemetzels“, „Ihre Version des Spiels“ und „Bella Figura“ zeigen wir das neue Stück der französischen Autorin Yasmina Reza: „James Brown trug Lockenwickler“, das pointiert und sehr komisch die gegenwärtigen Debatten um die Verständnisprobleme zwischen den Geschlechtern und den Generationen aufgreift. „In diesem Stück leuchten alle Qualitäten, die Yasmina Rezas dramatisches OEuvre und auch ihre Prosaarbeiten auszeichnen, wieder auf“, urteilte der SZ-Kritiker C. Bernd Sucher nach der Uraufführung.
Diesmal heißt Rezas Hauptthema: Identität. Sie stellt Menschen vor, die instabile Identitäten haben: Ein junger Mann, er heißt Jacob Hutner, glaubt, er sei Céline Dion, imitiert deren Stimme – dichtet und komponiert Songs, die er/sie als die Dion den Eltern vorträgt. Und er will nicht mehr bei seinem Spitznamen Muck genannt werden. Er spielt – oder ist? – die verletzliche und gefeierte Diva. Sein Freund Philippe, den Jacob in der Klinik kennenlernt, dort, wo sie beide geheilt, abgebracht werden sollen von ihrem „Wahn“, jemand anderes zu sein, ist ein weißer Junge, der glaubt, er sei ein Schwarzer. Auch die Eltern von Jacob wissen nicht so recht, wer sie sind; und die namenlose Psychiaterin, die sich der beiden jungen Männer annimmt, hat auch keine kleinen Schwierigkeiten mit sich selbst…
Rezas Stück ist ein wunderbar, leichter, ironischer Kommentar zur Gegenwart und der nun wirklich nicht neuen Frage: Wer bin ich eigentlich? Gespielt von einem wunderbaren Ensemble mit Michael Rotschopf (der Mackie Messer unserer gefeierten „Dreigroschenoper“), Johanna Christine Gehlen (gerade gefeiert in der Komödie „Das perfekte Geheimnis“), Dennis Svensson (der als „Sohn“ im gleichnamigen Stück von Florian Zeller auf sich aufmerksam machte), Nabil Pöhls und nicht zuletzt Mechthild Großmann (u.a.die Staatsanwältin des Münsteraner „Tatorts“), die zum ersten Mal nach langer Zeit wieder in Hamburg auf der Bühne steht.
Mit
Johanna Christine Gehlen, Mechthild Großmann, Nabil Pöhls, Michael Rotschopf, Dennis Svensson
Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
Regie: Ulrich Waller | Bühne: Raimund Bauer | Kostüme: Ilse Welter | Musik: Hans P. Ströer
Premiere
19. Februar 2024
Dauer
ca. 90 Minuten, keine Pause

Pressestimmen
Die Dramatikerin Yasmina Reza erforscht in „James Brown trug Lockenwickler“ unterhaltsam die Schmerzgrenzen problematischer Identitätsfindungen und gesellschaftlicher Toleranz. Mechthild Großmann glänzt im St. Pauli Theater als robuste Psychiaterin aller Nervensägen, an der Spitze eines starken Ensembles, das das behutsam erzählende und erzählte Drama in einen poetischen, streckenweise märchenhaften Theaterabend übersetzt…. Queer oder nicht queer, und wo liegen die (Schmerz)grenzen, wenn sich eine Person erfindet – das ist hier keine Frage, sondern Yasmina Reza weitet die Fragestellung über die Zeichnung ihrer Figuren auf Jederfrau und Jedermann aus.
Die Welt
Yasmina Rezas „James Brown trug Lockenwickler“ ist am St. Pauli Theater eine eher zarte als übertrieben scharfe Gesellschaftskomödie. Das Stück ist lustig, lustig macht sich das Stück nicht. Das liegt an der Gelassenheit des Ensembles mit Dennis Svensson und Nabil Pöhls als Celine und Philippe. Wenn Johanna Christine Gehlen und Michael Rotschopf als Celines/Jacobs Eltern auftauchen, clasht die gesellschaftliche Erwartung auf die skurrile Realität. Und Mechthild Großmanns vom Fernsehen bekannte Lakonik ist hier in der Rolle der Psychiaterin noch ausgebaut.
Hamburger Abendblatt
Das Pfund der Aufführung ist das fabelhafte 5-köpfige Ensemble. Mit Dennis Svensson als Celine Dion. Dennis Svensson sitzt da, mit langen Locken, strahlend, Glitzerkleid, ein Star. Er spielt wundervoll, weil er die Figur in keiner Sekunde verrät oder vorführt – sondern ihr eine innere, fluide Schönheit gibt. Jacobs Geschlecht wird zur Frage der Wahl. Man nimmt es ihm ab…. Dem Abend gelingen so zauberhafte Szenen voller Poesie.
NDR 90,3
Der Inhalt von Yasmina Rezas neuem Stück über Identitätsfragen klingt etwas überdreht und ziemlich lustig. Rezas Theater will Komödie sein, plädiert dabei aber für eine ‚emanzipatorische Freiheit‘. Kurz: Sei, wie du bist. Und in dieser Identität setzt Regisseur Ulrich Waller das Stück schön in Szene mit einer effektvollen Parklandschaft von Raimund Bauer und einem feinen Ensemble. So bietet ’James Brown…‘ gute Unterhaltung mit einer sympathischen Haltung.
Hamburger Morgenpost
„Yasmina Rezas neues Stück ist reich an poetischen Metaphern und zugleich ein ebenso tiefgründiger wie unterhaltsamer Kommentar zur aktuellen Diskussion um Identitäten.
Die Grenze, ab wann Verhaltensabweichungen noch tolerabel sind und ab wann sie als pathologisch gelten, lässt Reza in ihren klugen Dialogen verschwimmen. Regisseur Ulrich Waller setzt das fünfköpfige Ensemble mit einem untrüglichen Gespür für die Nuancen des Textes in Szene. Großartig: Dennis Svensson, der Celine/Jacob mit lässiger Selbstverständlichkeit verkörpert.“
Szene Hamburg
„…In Hamburg ist ziemlich viel ziemlich anders. Tatsächlich gibt sich Ulrich Waller und sein Team alle erdenkliche Mühe, nicht in jene Oberflächlichkeit abzugleiten, die immer mal wieder die Schmerz-Kerne im Werk der iranisch-französischen Schriftstellerin zu überdecken drohte. Der Text agiert nahezu fragmentarisch, wie Schnappschüsse mit der Kamera – dafür findet Raimund Bauer, wie schon so oft der Bild-Zauberer auf der Reeperbahn, erstaunlich einfache, aber enorm wirksame optische Lösungen. Ilse Welter, der gute Kostüm-Geist von Sankt Pauli, verpackt die fünf Spielerinnen und Spieler markant – Jacob (Dennis Svensson) sehr feminin und mit langem Blondhaar, Philippe (Nabil Pöhls) so alltäglich, dass die Sehnsucht nach Schwärze verständlich wird; Pascaline und Lionel (Johanna C. Gehlen und Michael Rotschopf) sind elegante Eltern – auch wenn der Papa sich vor lauter Schuldgefühl gelegentlich das Hemd vom Oberkörper reißt. Extrem sachlich und kühl analysiert derweil Mechthild Grossmann den Stand der psychiatrischen Verstörungen (oder Verklärungen) der jungen Männer. Aber auch die Eltern behält Frau Doktor im Blick. Ulrich Wallers Inszenierung nimmt all diese Absonderlichkeiten ernst, stellt nicht aus; absurd und aufgesetzt komisch ist hier nichts und niemand. Eher zum Verzweifeln alltäglich …“
Michael Laages
Kritiker für Deutschlandradio, nachtkritik, die deutsche bühne
Endspiel
Endspiel (Fin de Partie)
von Samuel Beckett
in der Übersetzung von Elmar Tophoven
Sie waren drei der Stars und absolute Publikumslieblinge der legendären Intendanz von Jürgen Flimm am Thalia Theater. Bei der Gedenkfeier zu seinen Ehren im St. Pauli Theater konnte man sie endlich mal wieder in Hamburg auf der Bühne sehen. Wir wollen es nicht bei diesem einmaligen Wiedersehen belassen und so entstand der Wunsch, mit Sven-Eric Bechtolf, Stefan Kurt und dem Regisseur und Schauspieler Wolf-Dietrich Sprenger noch einmal eine Neufassung ihrer gefeierten Produktion von Becketts fulminantem Klassiker „Endspiel“ zu machen.
Angesichts der Weltlage liest sich Becketts Klassiker wie ein Kommentar zur Lage: Nach einer großen Katastrophe ist ein Teil der Welt zu Asche geworden, in anderen gibt es keine Bevölkerung, woanders viele Dinge des alltäglichen Lebens nicht mehr: Brei, Pralinen, Särge, Elektrizität, Hunde, Möwen, Wälder, Regen und Natur – die Zivilisation ist zerfallen und von irgendwoher droht inzwischen eine neue Gefahr, die demnächst das endgültige Ende der Menschheit herbeiführen wird.
Indem der Nobelpreisträger Beckett die menschliche Sinnsuche und die Ausweglosigkeit thematisiert und sie sinnlich erfahrbar macht, erhob er die Verlorenheit und Orientierungslosigkeit zum theatralischen Prinzip. Nach seinen „Godot“-Suchern folgt in „Endspiel“ ein weiteres Schicksalspaar: Hamm und Clov sind zwei traurige Clowns, die sich im größten Chaos Gewissheit ersehnen, im Angesichts des Nichts auf Bedeutung hoffen – und in ihrem Anrennen und Anspielen gegen das Unausweichliche, den (eigenen) Tod, fast beiläufig die großen Fragen zur menschlichen Existenz und dem Sinn des Lebens stellen.
„Bechtolf und Kurt machen aus Becketts nicht enden wollenden Ritualen der Erschöpfung mit einfachsten Mitteln, mit den Rollen, ihrem Einhalten und der Abweichung, der Annäherung und dem Abstoßen der Menschen totales Theater, weil die Inszenierung Beckett vertraut, der nicht nur Dichter, sondern auch Regisseur war. Ein Glücksfall für das Theater“, jubelte die taz.
Jetzt wollen sich die drei zusammen mit Michael Prelle („Monsieur Claude“) und Barbara de Koy als die alten Negg und Nell diesem Text noch einmal nähern, 30 Jahre danach, mit all dem Wissen und der Erfahrung und es soll wieder ein Theaterfest werden.
Nach „Glückliche Tage“ mit Miriam Goldschmidt und „Das letzte Band“ mit Otto Sander ist „Endspiel“ der dritte Beckett-Klassiker auf der Reeperbahn.
Mit
Sven-Eric Bechtolf, Barbara de Koy, Stefan Kurt und Michael Prelle
Regie: Wolf-Dietrich Sprenger | Bühne: Rena Donsbach | Kostüme: Susann Günther
von Samuel Beckett – in der Übersetzung von Elmar Tophoven
Premiere
6. Januar 2024
Dauer
ca. 110 Minuten, keine Pause
Pressestimmen
„Samuel Becketts „Endspiel“ ist ein düsteres Szenario. Tatsächlich wird jedoch während des 110-minütigen Abends viel gelacht: Regisseur Wolf-Dietrich Sprenger inszeniert den Klassiker des absurden Theaters als unterhaltsamen Weltuntergang. Sven-Eric Bechtolf und Stefan Kurt verkörpern ihre Figuren, den herrschsüchtigen Hamm und den devoten Clov genial. Ein großartiges Schauspiel mit tröstenden Momenten.“
Hamburger Morgenpost
„Wer das gegenwärtige Theater in seiner postdramatischen Diskurslastigkeit und beiläufigen Coolness ablehnt, kann sich freuen, hier endlich einmal wieder tolle Schauspieler zu bewundern, die ihr Handwerk mit Lust, Können und Kreativität ausführen und Emotionen per Stirnrunzeln bis in die letzte Reihe vermitteln.“
Hamburger Abendblatt
„Ein sehr außergewöhnlicher Abend mit einer extrem amüsanten Beckett-Phantasie“
NDR-Kultur
Szenenfotos der Aufführung am Thalia Theater von 1992
Nichts ist komischer als das Unglück
„Wir wollen so viele Lacher wie möglich aus diesem schrecklichen Zeugs herausholen“, hat Autor Samuel Beckett 1957 vor der Uraufführung seines „Endspiels“ zu seinen Hauptdarstellern gesagt.
Wolf Dietrich Sprenger hat sich offensichtlich bei seiner „Endspiel“-Interpretation an diese Anweisungen gehalten. Er und seine Darsteller machen die Endzeitstimmung der letzten Überlebenden
in einer abgeschlossenen Welt zum phantasievollen und übermütigen Slapstick.
Seine Helden Hamm (Sven-Eric Bechtolf) und Clov (Stefan Kurt) spielen ihre oft bitterbösen Dialoge im Geist von Dick und Doof. Und auch Nagg und Nell, die ungeliebten Eltern von Hamm, die ihre Beine
verloren haben finden: „Nichts ist komischer als das Unglück“. Schmerz und Komik liegen – wie immer nah beieinander.
Regisseur Sprenger und seine Darsteller haben nicht nach Symbolen in diesem für Interpretationen so reichen Text gesucht. Schon Beckett hielt nichts von Rätseln und Lösungen: „Es gibt für solch ernstes Zeug
Universitäten, Kirchen, Cafes etc.“
Sprengers Inszenierung ist leicht, locker, kurzweilig, komisch und wunderbar unterhaltsam. Er hat bei seinem „Endspiel“ weniger an das Ende als ans Spiel gedacht und hat das Theater nicht mit einer
existenzialistischen Kirche verwechselt. Das Publikum war begeistert.
Armgard Seegers im Hamburger Abendblatt über die Inszenierung.
Leseprobe der Neuinszenierung
1h22 vor dem Ende
1h22 vor dem Ende
(1h22 avant la fin) von Matthieu Delaporte
In der Übersetzung von Georg Holzer
„1h22 vor dem Ende“ ist die neue schwarze Komödie von Matthieu Delaporte, der sich mit dem mehrfach verfilmten Stück „Der Vorname“ – eine Pariser Abendgesellschaft wird gesprengt durch die Namensgebung eines eingeladenen Paares, das seinen frisch geborenen Sohn unbedingt Adolf nennen will – einen Namen gemacht hat.
1h22 beschreibt die Zeit, die die Hauptfigur Bernard Garde noch hat. Er wohnt allein in Paris in seiner Wohnung und ist zu dem Schluss gekommen, dass er für das Leben nicht geeignet ist. Darin fühlt er sich den von ihm so geliebten Chansonsängerinnen wie Dalida oder Barbara fast seelenverwandt. Unsentimental erwägt er einen sauberen selbstbestimmten Abgang. Den Strom und die Hausratversicherung hat er bereits abgemeldet und klettert aufs Fensterbrett. Da klopft es an der Tür. Und die Geschichte nimmt eine ganz unerwartete Wendung.
Ein ungebetener Gast will Fakten sehen und Bernard ganz offensichtlich die Entscheidung über sein Lebensende aus der Hand nehmen. Das passt dem Selbstmord-Kandidaten gar nicht und ein absurd-witziger Dialog über den richtigen Ort, den geeigneten Moment, die passende Art und Weise und andere Details beginnt, bei dem sich bald herausstellt, dass der Gast ganz offensichtlich auch kein Profi ist.
Ironie der Geschichte: Ausgerechnet der Gast bringt Bernard wieder in die Spur. Sorgt dafür, dass er einen Stockwerk höher seine bis dahin nur von weitem Angehimmelte trifft und so kurz vor Lebensschluss plötzlich Leichtigkeit und Optimismus erlebt. All das, was er immer vermisst hat. Delaporte ist mit „1h22“ bei dem komplexen Thema ein satirisch leichter, wendungsreicher Mix aus schwarzem Humor und existenziellen Fragen gelungen, eine originelle und witzige Spekulation über die unmittelbare Zeit vor dem Ende und ein unbedingtes Plädoyer für das Leben, angesiedelt zwischen Ingmar Bergmans Drama „Das siebente Siegel“ und Woody Allens Farce „Death Knocks“.
Sebastian Bezzel, dessen neuester EBERHOFER-Film REHRAGOUT-RENDEZVOUS gerade durch die Kinos tourt, zeigt an der Seite von Stephan Grossmann, der vor kurzem wieder u.a. in der Fernsehreihe FAMILIE BUNTSCHUH brillierte, dass er noch ganz andere Seiten als die des bayrischen Kult-Polizisten beherrscht. Zusammen sind sie ein unschlagbares Komiker-Paar, das die Situationskomik und den Sprachwitz von Delaportes Komödie zum Funkeln bringt. An ihrer Seite Nadja Petri, die Spelunken-Jenny aus der DREIGROSCHENOPER.
Mit
Sebastian Bezzel, Stephan Grossmann und Nadja Petri
Regie: Ulrich Waller | Bühne: Raimund Bauer | Kostüme: Ilse Welter
Von Matthieu Delaporte – in der Übersetzung von Georg Holzer
Premiere
18. Januar 2024
Dauer
ca. 95 Minuten, keine Pause
Pressestimmen
„1h:22 erzählt vom Tod, aber mit Augenzwinkern“
NDR-Hamburg-Journal
„Ein Stück über den Tod mit absurd-aberwitzigen Dialogen und positiver Aussage mit einer Traumbesetzung“
SAT 1
„Dank Ulrich Wallers atmosphärisch dichter, dennoch spielerisch lebendiger Regie entwickeln sich absurd-komische Dialoge zwischen dem Selbstmordkandidaten und dem ungebetenen Gast. Den Sonderling gibt Sebastian Bezzel als einen Verlierer par excellence. Der bayerische Wahlhamburger spielt seinen Charakter mit der Zerrissenheit eines Gescheiterten. Stephan Grossmann als personifizierter Tod, mal aggressiv-rabiat, dann mitfühlend bis hilflos, ist äußerst spannend und amüsant anzuschauen. Und ein Ausdruck großer Schauspielkunst. Dazwischen Claire (kunstvoll-verführerisch Nadja Petri). Fazit: Für die Liebe ist es nie zu spät. Chapeau und großer Applaus für alle.“
Hamburger Abendblatt
„Die schwarze Komödie „1h22 vor dem Ende“ von Matthieu Delaporte („Der Vorname“) wird am St. Pauli Theater in der Regie von Ulrich Waller zu einem Fest der Schauspielkunst. In einem zügig wandelbaren Bühnenbild von Raimund Bauer, das die Wohnungen der Lebensmüden trotz karger Möblierung vollständig erscheinen lässt und durch den Blick aus dem Fenster Höhe suggeriert. Stephan Grossmann verleiht seiner Figur mit blitzschnellen Umschaltmomenten von nahezu kindlicher Fröhlichkeit in knallharte Entschlossenheit und einer schillernden Unberechenbarkeit wahrhaft bedrohliche Züge. Ihm bei der Arbeit zuzusehen, ist das reinste Vergnügen. Sebastian Bezzel wandelt seine Ausstrahlung im Verlauf des Abends meisterhaft zurückgenommen vom unentschlossen Entschlossenen zum entschlossen Unentschlossenen. Die verbalen und körperlichen Duelle der beiden – einmal greifen sie gar zu Federballschlägern – sind so absurd wie komisch.“
DIE WELT
„Das Stück hat das Zeug zum Bühnenhit“
Berliner Morgenpost
„Wartet nicht zu lange mit euren Plänen, Hoffnungen, Schwärmereien, gibt dieser heitere Abend dem Publikum mit auf den Nachhauseweg, denn wenn es zu spät ist, tut es euch leid.“
Berliner Zeitung
„Darf man über den Tod lachen? Man darf – aber nur im St. Pauli Theater! Dort hatte die neue Komödie „1h22 vor dem Ende“ von Matthieu Delaporte umjubelte Premiere. Tolles Stück, tolle Regie, tolle Schauspieler. Und sehr Französisch. Mit Sebastian Bezzel, Stephan Grossmann als „Der Mann“ und Nadja Petri als schöne Nachbarin Claire hat Regisseur und Hausherr Ulrich Waller großartige Schauspieler für seinen neuen Publikumsrenner im St. Pauli Theater gewonnen. Bezzel und Grossmann sind zwei mitunter so dicht und intensiv, dass sie an Estragon und Wladimir aus Becketts „Warten auf Godot“ erinnern. Zufall oder Absicht? In jedem Fall verleiht es dem Kammerspiel bei aller Komik auch Nachdenklichkeit und Tiefe.“
kulturport
Die Dreigroschenoper
Die Dreigroschenoper
von Bertolt Brecht, Musik: Kurt Weill
Info
Die Geschichte des Kampfes zweier nicht ganz seriöser Geschäftsleute, des Bettlerclan-Königs Peachum und des Einbrecher-Königs Macheath, genannt Mackie Messer, bei der Uraufführung 1928 als „Stück mit Musik“ annonciert, war im Grunde das erste deutschsprachige Musical. Bertolt Brecht schrieb den Text zusammen mit Elisabeth Hauptmann, Kurt Weill komponierte dazu die unsterbliche Musik. Damit gelang den dreien ein legendärer Welterfolg.
Mit Songzeilen wie „Und der Haifisch, der hat Zähne und die trägt er im Gesicht“, oder „Soldaten wohnen auf den Kanonen“, „Ob sie wollen oder nicht, sie sind bereit. Das ist die sexuelle Hörigkeit“, „Wie ihr`s auch immer dreht, wie ihr`s auch immer schiebt, erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“, „Denn dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.“, „Wer möchte nicht in Fried`n und Eintracht leben, doch die Verhältnisse, die sind nicht so.“ gelangen dem Duo Brecht/Weill eingängige Gassenhauer, die bis heute nachhallen.
In der Neufassung des St. Pauli Theaters durch Peter Jordan und Leonhard Koppelmann werden die Songs in ihrer ganzen Wucht wieder nach vorne geschoben, sie sind das heimliche Zentrum der Neuinterpretation sein. Und wenn man sich umschaut, nicht nur in der kleinen Welt des Kiezes, sondern auch in der großen Welt der Politik, muss man feststellen, dass sich so viel nicht verändert hat, seit Brechts Analyse. Oder wie er schreibt: “Wer wollt auf Erden nicht ein Paradies? Doch die Verhältnisse, gestatten sie`s? – Nein, sie gestatten´s eben nicht.“ Selten wurde Gesellschaftskritik so süffig und dabei augenzwinkernd vorgetragen. Auch daran hat sich nichts geändert.
Schauspieler und Kreativteam
Mit: Victoria Fleer, Nadja Petri, Michael Rotschopf, Anneke Schwabe, Stephan Schad, Anne Weber, Gustav Peter Wöhler
Ensemble: Fabian Broermann, Christopher Hemmans, Arvid Johansson, Frizzi Fiedler, Felicia Jackson, Khadija Johnson
Begleitet von dem
Uwe Granitza: Musikalische Leitung, Posaune; Jan-Peter Klöpfel: Trompete; Detlef Raschke: Alto Sax, Klarinette, Flöte, Bariton Sax, Piccolo; Andreas Böther: Tenor Sax, Klarinette, Flöte, EWI; Matthias Pogoda: Gitarre, Banjo, Keyboard; Stephan Sieveking: Klavier, Keyboard; Lars Hansen: Kontrabass; Helge Zumdieck: Schlagzeug, Percussion; Dulguun Chinchuluun: Korrepetition; Matthias Stötzel: Supervision, Assistenz
Regie: Peter Jordan/Leonhard Koppelmann | Musikalische Leitung: Uwe Granitza | Kostüme: Barbara Aigner | Grafische Animation: Meike Fehre | Choreografie: Harald Kratochwil
Nach John Gays „The Beggar´s Opera”. Übersetzung: Elisabeth Hauptmann
In der Inszenierung „Die Dreigroschenoper“ wurden nicht autorisierte Änderungen in der Partitur vorgenommen. Der Suhrkamp Theater Verlag hat mit dem St. Pauli Theater eine Vereinbarung getroffen, die Aufführungen weiterhin zuzulassen.
Termine
18., 19. und 21., 22. November sowie 2. bis 4. Dezember 2025
Beginn: jew. 20 Uhr
Preise
Dienstag und Mittwoch: 19,90 € bis 59,90
Freitag und Samstag: 29,90 bis 74,90 €
Schüler/innen, Studierende und Auszubildende: 50 % des Kartennettopreises
Dauer der Vorstellung
ca. 140 Minuten, inkl. Pause
Leider sind wir aus technischen Gründen gezwungen, die induktive Höranlage bei dieser Veranstaltung wegen Verwendung elektrisch verstärkter Instrumente auszuschalten.
Pressestimmen
„Eine Dreigroschenoper mit Glanz und Glamour und mit seiner Kapitalismus-Anklage weiterhin aktuell. Dank der ewigen Gassenhauer des Komponisten Kurt Weill gibt dieses Musiktheater über die Verlorenen und Verdorbenen hier einem wunderbaren Ensemble jede Menge Gelegenheit spielerisch und stimmlich zu glänzen. Das Regie-Duo Peter Jordan und Leonhard Koppelmann setzt vor allem auf Broadway-Glamour und hohes Tempo. Grandios das Duo Michael Rotschopf als wohltuend zurückgenommener Verführer Mackie Messer und Gustav Peter Wöhler als aasig tänzelnder Bettlerkönig Peachum. Daneben die herausragende Anne Weber als seine Frau, die schrille Anneke Schwabe als ihre Tochter Polly und die selbstbewußt aufspielende Victoria Fleer als deren Konkurrentin Lucy. Und da ist noch Jenny, die frühere Geliebte Mackie Messer. Nadja Petri gibt sie mit wunderbarer Alt-Stimme. Keine Frage: Diese „Dreigroschenoper“ hat das Zeug zum Dauerbrenner.“
Hamburger Abendblatt
„Michael Rotschopf ist die Idealbesetzung eines coolen, heutigen Mackie-Messers mit einer charismatischen Bühnenpräsenz. Seinen Gegenspieler, den durchtriebenen König der Bettler verkörpert Gustav Peter Wöhler mit der ihm eigenen Komik souverän. Zusammen mit Anne Weber als abgebrühter Gaunergattin geben die beiden ein wunderbar ungleiches Paar ab. Dem korrupten Polizeichef verleiht Stephan Schad ein heimtückisches Gesicht und seine unter die Haut gehende Stimme. Aus dem Orchestergraben des St. Pauli Theaters sorgen die Musiker vom TheaterOrchesterHamburg unter Uwe Granitza für die jeweils passende Atmosphäre zwischen Ballade, Jazz und Opernparodie. Mit lautstarken Bravos und stürmischen Applaus feierte das Publikum diese frische Version des Bestsellers von Brecht. Die Inszenierung von Peter Jordan und Leonhard Koppelmann führt die „Dreigroschenoper“ ins 21.Jahrhundert.“
Hamburger Morgenpost
„Eine brilliante Inszenierung…“ BILD
„Mackie Messer ist wieder da. Es ist und bleibt ein grandioser Stoff über große und kleine Betrügereien.“ NDR-Hamburg-Journal
„Die Inszenierung des Bertolt-Brecht-Stückes von 1928 setzt auf eine mitreißende Broadway-Stimmung und findet für das Milieu glamouröse Bilder. Dahinter offenbart sie jedoch eine zeitlose Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen, die den einen zu Wohlstand verhilft, für die anderen jedoch ein Leben in Armut bedeutet. Das Geschehen spielt auf leerer Bühne vor wechselnden Video-Projektionen von Meike Fehre. Eine tanzwütige Schar Huren, Bettler und Tänzer performt nahezu ohne Pause. Das Tempo ist von Anfang an hoch, die Szenenfolge dicht. Das Ensemble und das Orchester unter der Leitung von Uwe Granitza präsentieren die Gassenhauer von Kurt Weill pointiert und schwungvoll.“
dpa
„Es ist Gesellschaftskritik at it´s best. Ein fulminanter Gustav Peter Wöhler gibt den fiesen Bettlerkönig Peachum. Und auch sein Kontrahent der Einbrecher-König Mackie Messer, gespielt von Michael Rotschopf ist voller Spielfreude. Die bekannten Songs von Kurt Weill werden mit viel Glitzer und Witz inszeniert.“
SAT 1
„Das Pfund, mit dem Regisseure Jordan und Koppelmann wuchern ist am St.Pauli Theater das Schauspiel-Ensemble, das in Gesang und Spiel seinesgleichen sucht. Michael Rotschopf glänzt und beängstigt als Mackie Messer, also als größter, triebgesteuerter Verbrecher von London. Gustav Peter Wöhler gibt einen verbitterten, zynischen Jonathan Peachum, der brutal die Interessen der Elenden in Profit ummünzt. Sensationell Anne Weber als seine desillusionierte Frau Celia. Anneke Schwabes Polly mit Kante ist ein großer Spaß und ihr Kampf-Duett mit Victoria Fleer als Lucy bleibt einer der Höhepunkte. Stephan Schad spielt als Tiger-Brown einen eiskalten Kriegsveteranen, der sich seine Freundschaft zu Mackie bezahlen läßt und Nadja Petri die Mackie hilflos verfallene Spelunken Jenny und singt mit traumhaft rauchiger Stimme. Der vielgestaltige Tanz auf dem Vulkan der zwölfbeinigen Revuetanztruppe ist in den Choreographien von Harald Krachtowil das explosivste Element dieser mutigen, insgesamt großartigen Inszenierung. Die Musik mit den unerschöpflich kräftigen Weill-Songs und der leicht gekürzte Dramentext wirken frisch und in vielerlei Hinsicht aktueller, als dem Publikum lieb sein kann, in den Zeiten neuer Kriege und krisenhafter Verhältnisse. In der Realität ist die Ankunft des Reitenden Boten mit der Begnadigung schließlich nicht garantiert.“
Die Welt
DIE DREIGROSCHENOPER 2023
Die Dreigroschenoper
von Bertolt Brecht, Musik: Kurt Weill
Info
Die Geschichte des Kampfes zweier nicht ganz seriöser Geschäftsleute, des Bettlerclan-Königs Peachum und des Einbrecher-Königs Macheath, genannt Mackie Messer, bei der Uraufführung 1928 als „Stück mit Musik“ annonciert, war im Grunde das erste deutschsprachige Musical. Bertolt Brecht schrieb den Text zusammen mit Elisabeth Hauptmann, Kurt Weill komponierte dazu die unsterbliche Musik. Damit gelang den dreien ein legendärer Welterfolg.
Mit Songzeilen wie „Und der Haifisch, der hat Zähne und die trägt er im Gesicht“, oder „Soldaten wohnen auf den Kanonen“, „Ob sie wollen oder nicht, sie sind bereit. Das ist die sexuelle Hörigkeit“, „Wie ihr`s auch immer dreht, wie ihr`s auch immer schiebt, erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“, „Denn dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.“, „Wer möchte nicht in Fried`n und Eintracht leben, doch die Verhältnisse, die sind nicht so.“ gelangen dem Duo Brecht/Weill eingängige Gassenhauer, die bis heute nachhallen.
In der Neufassung des St. Pauli Theaters durch Peter Jordan und Leonhard Koppelmann werden die Songs in ihrer ganzen Wucht wieder nach vorne geschoben, sie sind das heimliche Zentrum der Neuinterpretation sein. Und wenn man sich umschaut, nicht nur in der kleinen Welt des Kiezes, sondern auch in der großen Welt der Politik, muss man feststellen, dass sich so viel nicht verändert hat, seit Brechts Analyse. Oder wie er schreibt: “Wer wollt auf Erden nicht ein Paradies? Doch die Verhältnisse, gestatten sie`s? – Nein, sie gestatten´s eben nicht.“ Selten wurde Gesellschaftskritik so süffig und dabei augenzwinkernd vorgetragen. Auch daran hat sich nichts geändert.
Schauspieler und Kreativteam
Mit: Victoria Fleer, Nadja Petri, Michael Rotschopf, Anneke Schwabe, Stephan Schad, Anne Weber, Gustav Peter Wöhler
Ensemble: Fabian Broermann, Frizzi Fiedler, Christopher Hemmans, Felicia Jackson, Arvid Johansson, Franzi Schulte
Begleitet von dem
Uwe Granitza: Musikalische Leitung, Posaune; Jan Peter Klöpfel: Trompete; Detlef Raschke: Alto Sax, Klarinette, Flöte, Bariton Sax, Piccolo; Andreas Böther: Tenor Sax, Klarinette, Flöte, EWI; Matthias Pogoda: Gitarre, Banjo, Keyboard; Stephan Sieveking: Klavier, Keyboard; Lars Hansen: Kontrabass; Helge Zumdieck: Schlagzeug, Percussion; Dulguun Chinchuluun: Korrepitition; Matthias Stötzel: Supervision, Assistenz
Regie: Peter Jordan/Leonhard Koppelmann | Musikalische Leitung: Uwe Granitza | Kostüme: Barbara Aigner | Grafische Animation: Meike Fehre | Choreografie: Harald Kratochwil
Nach John Gays „The Beggar´s Opera”. Übersetzung: Elisabeth Hauptmann
In der Inszenierung „Die Dreigroschenoper“ wurden nicht autorisierte Änderungen in der Partitur vorgenommen. Der Suhrkamp Theater Verlag hat mit dem St. Pauli Theater eine Vereinbarung getroffen, die Aufführungen weiterhin zuzulassen.
Premiere
14. Januar 2023
Dauer der Vorstellung
ca. 140 Minuten, inkl. Pause
Pressestimmen
„Eine Dreigroschenoper mit Glanz und Glamour und mit seiner Kapitalismus-Anklage weiterhin aktuell. Dank der ewigen Gassenhauer des Komponisten Kurt Weill gibt dieses Musiktheater über die Verlorenen und Verdorbenen hier einem wunderbaren Ensemble jede Menge Gelegenheit spielerisch und stimmlich zu glänzen. Das Regie-Duo Peter Jordan und Leonhard Koppelmann setzt vor allem auf Broadway-Glamour und hohes Tempo. Grandios das Duo Michael Rotschopf als wohltuend zurückgenommener Verführer Mackie Messer und Gustav Peter Wöhler als aasig tänzelnder Bettlerkönig Peachum. Daneben die herausragende Anne Weber als seine Frau, die schrille Anneke Schwabe als ihre Tochter Polly und die selbstbewußt aufspielende Victoria Fleer als deren Konkurrentin Lucy. Und da ist noch Jenny, die frühere Geliebte Mackie Messer. Nadja Petri gibt sie mit wunderbarer Alt-Stimme. Keine Frage: Diese „Dreigroschenoper“ hat das Zeug zum Dauerbrenner.“
Hamburger Abendblatt
„Michael Rotschopf ist die Idealbesetzung eines coolen, heutigen Mackie-Messers mit einer charismatischen Bühnenpräsenz. Seinen Gegenspieler, den durchtriebenen König der Bettler verkörpert Gustav Peter Wöhler mit der ihm eigenen Komik souverän. Zusammen mit Anne Weber als abgebrühter Gaunergattin geben die beiden ein wunderbar ungleiches Paar ab. Dem korrupten Polizeichef verleiht Stephan Schad ein heimtückisches Gesicht und seine unter die Haut gehende Stimme. Aus dem Orchestergraben des St. Pauli Theaters sorgen die Musiker vom TheaterOrchesterHamburg unter Uwe Granitza für die jeweils passende Atmosphäre zwischen Ballade, Jazz und Opernparodie. Mit lautstarken Bravos und stürmischen Applaus feierte das Publikum diese frische Version des Bestsellers von Brecht. Die Inszenierung von Peter Jordan und Leonhard Koppelmann führt die „Dreigroschenoper“ ins 21.Jahrhundert.“
Hamburger Morgenpost
„Eine brilliante Inszenierung…“ BILD
„Mackie Messer ist wieder da. Es ist und bleibt ein grandioser Stoff über große und kleine Betrügereien.“ NDR-Hamburg-Journal
„Die Inszenierung des Bertolt-Brecht-Stückes von 1928 setzt auf eine mitreißende Broadway-Stimmung und findet für das Milieu glamouröse Bilder. Dahinter offenbart sie jedoch eine zeitlose Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen, die den einen zu Wohlstand verhilft, für die anderen jedoch ein Leben in Armut bedeutet. Das Geschehen spielt auf leerer Bühne vor wechselnden Video-Projektionen von Meike Fehre. Eine tanzwütige Schar Huren, Bettler und Tänzer performt nahezu ohne Pause. Das Tempo ist von Anfang an hoch, die Szenenfolge dicht. Das Ensemble und das Orchester unter der Leitung von Uwe Granitza präsentieren die Gassenhauer von Kurt Weill pointiert und schwungvoll.“
dpa
„Es ist Gesellschaftskritik at it´s best. Ein fulminanter Gustav Peter Wöhler gibt den fiesen Bettlerkönig Peachum. Und auch sein Kontrahent der Einbrecher-König Mackie Messer, gespielt von Michael Rotschopf ist voller Spielfreude. Die bekannten Songs von Kurt Weill werden mit viel Glitzer und Witz inszeniert.“
SAT 1
„Das Pfund, mit dem Regisseure Jordan und Koppelmann wuchern ist am St.Pauli Theater das Schauspiel-Ensemble, das in Gesang und Spiel seinesgleichen sucht. Michael Rotschopf glänzt und beängstigt als Mackie Messer, also als größter, triebgesteuerter Verbrecher von London. Gustav Peter Wöhler gibt einen verbitterten, zynischen Jonathan Peachum, der brutal die Interessen der Elenden in Profit ummünzt. Sensationell Anne Weber als seine desillusionierte Frau Celia. Anneke Schwabes Polly mit Kante ist ein großer Spaß und ihr Kampf-Duett mit Victoria Fleer als Lucy bleibt einer der Höhepunkte. Stephan Schad spielt als Tiger-Brown einen eiskalten Kriegsveteranen, der sich seine Freundschaft zu Mackie bezahlen läßt und Nadja Petri die Mackie hilflos verfallene Spelunken Jenny und singt mit traumhaft rauchiger Stimme. Der vielgestaltige Tanz auf dem Vulkan der zwölfbeinigen Revuetanztruppe ist in den Choreographien von Harald Krachtowil das explosivste Element dieser mutigen, insgesamt großartigen Inszenierung. Die Musik mit den unerschöpflich kräftigen Weill-Songs und der leicht gekürzte Dramentext wirken frisch und in vielerlei Hinsicht aktueller, als dem Publikum lieb sein kann, in den Zeiten neuer Kriege und krisenhafter Verhältnisse. In der Realität ist die Ankunft des Reitenden Boten mit der Begnadigung schließlich nicht garantiert.“
Die Welt
CIAO GEORGE
Ciao George
Am 8.4.2023 in der Nacht zum Ostersonntag ist der Schauspieler George Meyer-Goll gestorben, der seit 2006 in vielen Produktionen auf der Bühne des St.Pauli Theaters stand.
In einer bewegenden Soiree haben sich Kolleginnen und Kollegen, Freunde und Mitstreiter am 15.5. von ihm verabschiedet.
Auf der Bühne waren:
Sabrina Ascacibar, Victoria Fleer, Susanne Janssen, Ilona Schulz, Anneke Schwabe, Anne Weber, Angela Winkler, Holger Dexne, Peter Franke, Knut Koch, Stephan Schad, Franz Wittenbrink, Gerhard Garbers, Marion Martienzen und Ulrich Waller
Und die Musiker:
Uwe Granitza, Lars Hansen, Henrik Kolenda, Matthias Stötzel, Helge Zumdieck
Adieu Jürgen
Adieu Jürgen
Ein Abend für Jürgen Flimm
Am 4. Februar 2023 ist Jürgen Flimm verstorben, der Regisseur und Intendant, der wichtige Jahre seiner Karriere in Hamburg erlebt hat. Am 18.Februar ist er bei Regen und Sturm auf dem Friedhof von Hamelwörden, in der Nähe seines Hauses beerdigt worden.
Am 7.5. haben sich Schauspielerinnen und Schauspieler, Wegfährten und Mitstreiter im St. Pauli Theater, dem Theater in Hamburg, an dem er zuletzt gearbeitet hat, versammelt, um ihn mit Texten, Liedern, Filmausschnitten und persönlichen Erinnerungen noch einmal in unsere Mitte zu holen.
Denn wer im Gedächtnis seiner Freunde lebt, der ist nur fern, der ist nicht tot, hat der Philosoph Kant einmal gesagt. Durch Erinnerungen leben die Toten in uns, den Lebenden weiter.
Persönliche Erinnerungen sollten deshalb einen großen Platz einnehmen. Auch, weil das Erzählen von Geschichten und Anekdoten ganz wesentlich zur Probenmethode des Regisseurs Jürgen Flimm gehörte. Das konnte manchmal länger dauern, aber es war ganz schlicht eine Entspannungsübung, es nahm den Druck raus, gleich etwas vorführen, etwas zeigen zu müssen. Und wenn alle Geschichten erzählt waren, konnte man anfangen.
Am 7. Mai 2023 waren auf der Bühne:
Martina Gedeck, Sven-Eric Bechtolf, Dr. Carsten Brosda, Gerhard Garbers, Burghart Klaußner, Christoph Bantzer, Ludwig von Otting, Hildegard Schmahl, Wolf-Dietrich Sprenger, Stefan Kurt, Armgard Seegers, Stephan Schad, Annette Paulmann, Jan Josef Liefers, Moritz Rinke, Cornelia Schirmer, begleitet von Siegfried Gerlich, Ulrich Waller
Mit freundlicher Unterstützung der Hapag-Lloyd Stiftung
Wir trauern um
George Meyer-Goll
WIR TRAUERN UM
GEORGE MEYER-GOLL
(1949-2023)
Nachruf
Das erste Mal begegnet sind wir uns in der Uni-Mensa in Tübingen – es muss das Jahr 1971 oder 1972 gewesen sein – bei einem Konzert der Nürnberger Rockgruppe „Ihre Kinder“, die Rockmusik mit der deutschen Sprache zu verbinden suchte. Zu der Zeit ein sehr gewagtes Experiment. Da muss der 22-jährige Georg Meyer, wie er sich damals noch nannte, vor mir auf der Bühne gestanden haben. Er spielte neben Querflöte auch Geige und sang auch noch. Ich kann mich an die Gruppe, aber nicht mehr an einzelne Mitglieder erinnern.
Viele Jahre später hat mir Udo gestanden, dass er damals richtig ein bisschen Angst hatte, dass die 1969 gegründete Band mit den deutschsprachigen Texten Erfolg haben könnte. Hatte sie nicht und so war der Weg frei für ihn.
George hat dann aufgehört mit der Musik und ist auf die Münchner Falckenbergschule gegangen. 1977 hat ihn dann gleich Claus Peymann engagiert für die Schlussphase seiner Stuttgarter Intendanz und ihn anschließend mitgenommen nach Bochum, wo George sich zu einem fleißigen Ensemblespieler entwickelte.
Als das Fernsehen auf ihn aufmerksam wurde, trennten sich ihre Wege. Und in diesem anderen Medium machte er ebenso schnell Karriere. Überregional bekannt – und da habe ich ihn zum ersten Mal bewusst gesehen – wurde er in der Serie „Schwarz Rot Gold“ als Zollfahnder Max Doellke, an der Seite von Uwe Friedrichsen, die im Hamburger Hafen dauernd irgendwas Verbotenes aufdeckten. George, immer in einer engen schwarzen Lederhose, war das Enfant terrible der Fahndungstruppe und machte meist irgendwas falsch oder am Rande der Legalität, was Friedrichsen dann wieder in Ordnung bringen musste.
Daneben spielte Meyer-Goll weiter Theater in Köln, am Residenztheater in München, in Basel, Bonn, Frankfurt und in Düsseldorf, wo sich er Anfang der 90er Jahre in eine junge Bühnenbildnerin verliebte, Annelie Büchner, die dann seine Lebensgefährtin und 2013 seine Frau werden sollte.
Seine wichtigen Regisseure in der Zeit hießen Peter Löscher, Fred Berndt, Dimiter Gottscheff, Peter Eschberg, Hansjörg Utzerath und Karin Beier.
2006 kam George dann mit Franz Wittenbrink ans St. Pauli Theater, wo er in der Produktion Lust“ mit seiner glockenhellen Stimme als abgewrackter Penner in den Tiefen eines Strip-Lokal überlebte. Die Premiere, der Einstieg in Wittenbrinks Kiez-Trilogie war ein großer Erfolg. Bis nach drei Tagen plötzlich zwei merkwürdige Gestalten im Backstage-Bereich auftauchten und sich erkundigten, ob es wirklich nur die zwei Abgangsmöglichkeiten von der Bühne gäbe. Sie wiesen sie sich dann als Beamte der David-Wache aus und fragten noch, wann denn die Vorstellung zu Ende sei. Sie hätten mit Herrn Meyer-Goll etwas zu klären.
Nach dem Applaus begleiteten sie George in die Garderobe, ließen ihn sich noch umziehen und nahmen ihn mit auf die benachbarte Wache. Wie sich dann herausstellte, wollte ein Gerichtsvollzieher just an diesem Abend bei Meyer-Goll etwas vollstrecken lassen. Thomas Collien organisierte dann am nächsten Tag einen guten Anwalt, der Licht in das Dunkel brachte und George konnte am Abend wieder auftreten.
Nach diesem fulminanten Einstieg wurde er einer der Protagonisten vieler Wittenbrink-Abende wie „Ritze“ oder „Ricky“, immer obskure Figuren, oft am Rande der Existenz, aber meist philosophisch angehaucht, und da war die Rock- und Soul-Erfahrung, die Meyer-Goll aus seiner Musiker-Zeit mitbrachte, wieder zu hören. Auch in „Willkommen – ein deutscher Abend“, der legendären „Nacht-Tankstelle“ oder den Musicals „Linie S1“ und „Hamburg Royal“ konnte er seine Doppelbegabung als Sänger und Schauspieler ausleben.
Er war ein Schauspieler, der im Zweifelsfall seine Figuren kräftig behauptete, wobei ihm sein leicht fränkischer Tonfall sicher zu Hilfe kam und daneben auch ein begnadeter Komiker. Unvergessen seine Slapstick-Nummer, als er in „Arsen“ versuchte zusammen mit Christian Redl eine Leiche zu verstecken und dabei selbst in der dafür vorgesehenen Truhe landete.
Auf den Proben war das manchmal nicht ganz einfach, weil George sehr oft ein genaues Bild hatte, wie er was spielen wollte und auch, was der Kollege zu tun hatte, damit er das so, wie er dachte, spielen konnte. Das führte dann und wann zu längeren Disputen. Aber von einer besseren Idee ließ er sich immer überzeugen. Und schlechte Laune kannte man bei ihm sowieso nicht. Und wenn etwas gar nicht lösbar schien, fing er kurzerhand an, mit seinen handwerklichen Fähigkeiten, ein Requisit oder eine beschädigte Probentür zu reparieren.
Er spielte an der Seite von Burghart Klaußner in Wilfried Minks` „Tod eines Handlungsreisenden“, war hinreißend komisch in fünf Figuren in Pohls „Wartesaal Deutschland“ und gehörte zum Allstar-Team von „Arsen und Spitzenhäubchen“, mit Angela Winkler und Eva Mattes, als Arzt des Monsters Christian Redl, dem er dauernd ein neues Gesicht machen sollte. Bis zum Jahr 2020, also elf Jahre stand dieses einmalige Ensemble, zu dem auch noch Gerhard Garbers und Uwe Bohm gehörten, zusammen auf der Bühne.
Ende der 80er Jahre hatte er sich in Umbrien, gegenüber von Assisi ein eher unscheinbares Haus aus den 5oer Jahren gekauft, das er als gelernter Maurer zusammen mit Annelie Büchner in einen wunderbaren Ort der Ruhe umbaute, in dem man – dank der Kochkünste seiner Frau – auch vorzüglich speisen konnte. Diese 2. Heimat war ihm, der inzwischen auch Experte für Olivenöl geworden war, über all die Jahre wichtig und er konnte es gar nicht abwarten, im Frühjahr dorthin abzuhauen.
Und so war er auch sofort dabei bei zwei italienisch-deutschen Produktionen des Theaters in der benachbarten Toskana: „Albicocche rosse – Blutige Aprikosen“ als deutscher Besatzungsoffizier, der in einem Dorf italienische Zwangsarbeiter rekrutiert und in „La grande gelata – Der große Frost“ als aufgebrachter deutscher Vater, der sich darüber erregt, dass seine Tochter mit einem Italiener „geht“.
Auch hier war es so, dass es immer ein Glück war, ihn bei einer Produktion dabei zu haben. Er hatte einfach einen guten Instinkt und einen unbestechlichen Blick auf die Kollegen.
Vor zehn Tagen wollte er wieder aufbrechen nach Italien, als ihn sein Herz bei einer Routinekontrolle in Berlin umwarf. Dass es nicht mehr so stark war, wusste er und hat über die Anzahl seiner Bypässe oft Witze gemacht. Und auch einen schweren Sturz vor zwei Jahren auf einer Eisplatte mit einem komplizierten Bruch hat er weggesteckt und anschließend bei „Cabaret“ wieder als Herr Schulz auf der Bühne getanzt.
Diesmal hat ihm sein Körper das, trotz aller Anstrengungen nicht mehr gestattet und er – der mit der Religion nichts am Hut hatte – konnte am Tag der Auferstehung selbst nicht mehr aufstehen. So eine Pointe konnte nur von ihm sein.
Tschüss George, wir werden Dich vermissen.
Unsere Gedanken sind bei Annelie und seinen beiden Kindern.
Ulrich Waller
Termin
15. Mai 2023
Nebenan
Nebenan
Der neue Theaterkrimi von Daniel Kehlmann
Info
Ein bekannter Filmschauspieler, dessen Karriere eigentlich nicht zu bremsen ist und dem auch privat alles zu gelingen scheint, trifft kurz vor einem wichtigen Casting in London, das seine internationale Karriere beschleunigen soll, unten in der Eckkneipe in dem Haus, in dem er ein Loft gekauft hat, auf einen ihm unbekannten Nachbarn. Der fängt an, ihn mit immer neuen Details aus seinem Privatleben zu provozieren. Woher weiß er das alles? Das kann er nicht alles wissen, nur weil er auf der anderen Seite des Innenhofes lebt.
Er entpuppt sich als Mitarbeiter eines Kreditkartenunternehmens, der sich aus den Kontobewegungen seiner Kunden ein exaktes Bild von deren Leben machen kann. Immer wenn der Schauspieler zum Taxi will, enthüllt er ein neues Detail: über die Untreue der Ehefrau, über ganz private Internet-Surfereien, über neue Filmprojekte, die zu scheitern drohen. Und auch zu den gespielten Filmrollen des Schauspielers hat der Nachbar eine ganz dezidierte Meinung.
Der sieht plötzlich sein ganzes Leben vor sich. Und langsam begreift er, dass sich um einen ausgeklügelten Racheplan von jemand handelt, der sich als Gentrifizierungsopfer und Wendeverlierer sieht. Und er scheint zu funktionieren und fängt an, das Leben des vermeintlichen Gewinners völlig durcheinanderzubringen.
Daniel Kehlmann gelingt damit nach „Heilig Abend“, das Dezember 2023 wieder auf dem Spielplan steht, erneut ein richtiger und in dem Aufeinandertreffen dieser zwei eigentlich nicht kompatiblen Welten auch sehr komischer Theaterkrimi mit starken Dialogen und einem überraschenden Plot.
Mit Oliver Mommsen und Stephan Grossmann stehen zwei der gefeierten Protagonisten der Aufführung von „Das perfekte Geheimnis“ wieder zusammen auf der Bühne. Das verspricht nicht nur Spannung, sondern auch eine Menge Spaß.
Mit
Anna Caterina Fadda, Johanna Christine Gehlen/Isabell Giebeler/Anne Weber, Stephan Grossmann, Torsten Hammann, Oliver Mommsen, Nadja Petri, Martin Wolf/Holger Dexne
Regie: Ulrich Waller | Bühne: Raimund Bauer | Kostüme: Ilse Welter
Deutsche Erstaufführung
13. März 2023
Dauer
ca. 90 Minuten, keine Pause
Gefördert von
Unschlagbar gut: Am St. Pauli Theater bilden die TV-Stars Stephan Grossmann und Oliver Mommsen ein wahres Dream-Team. Als unscheinbarer Bruno und Strahlemann-Schauspieler Oliver prallen sie in „Nebenan“ aufeinander. Autor Daniel Kehlmann verdichtet hier ein Stück Zeitgeschichte – die deutsche Wiedervereinigung – zum packenden Machtkampf zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein können. Es geht um Ossis, Wessis, verletzte Gefühle und Lebenslügen. Regisseur Ulrich Waller bringt eine faszinierend dichte Inszenierung auf die Bühne, mit zwei Hauptdarstellern, die vielschichtig und stimmig gestaltete Charaktere zeigen. Am Ende großer Premierenjubel fürs gesamte Ensemble, darunter die rotzige Kneipenwirtin (Nadja Petri) und Stammgast Micha (Torsten Hammann). Ihnen zuzuschauen: Ein hochspannendes Vergnügen!
Hamburger Morgenpost
Oliver, gespielt von Oliver Mommsen, der Mann auf der vermeintlichen Sonnenseite und Stephan Grossmann, der sich als Wendeverlierer sieht, beide spielen ganz wunderbar. Eine Art Ost-West-Abrechnung, mit nie zu Ende ausgeräumten Missverständnissen, Scheinheiligkeit in Beziehungen, der gläserne Mensch. All das sind Themen an diesem Abend. Ganz nebenbei wird auch noch das Image des Schauspielers demontiert. Tragisch und komisch zugleich. Und voller Unterhaltung.
NDR Kulturjournal 90,3
Aber anders als am Burgtheater in Wien, dessen Direktor Martin Kusej die Uraufführung spektakulär versemmelt hat, funktioniert das Stück jetzt, es wirkt wie es wirken soll: deutsch und giftig. Und damit ist es gerettet – vom tollen Ensemble am kleinen Reeperbahn-Theater; in einer Inszenierung, die um viele Klassen besser ist als die Uraufführung.
Michael Laages, Kritiker für Deutschlandradio, Nachtkritik, Die Deutsche Bühne.
Mit Oliver Mommsen und Stephan Grossmann sind die Protagonisten in Kehlmanns Theaterkrimi idealtypisch besetzt. Bei diesem etwas anderen Kneipen-Quiz Grossmann als Wende- und Gentrifizierungs-Verlierer zuzusehen ist nicht nur komisch, sondern bewegend und hochspannend. Und ebenso Spaß macht es, den smarten Oliver dank des ausgetüftelten Racheplans seines Widersachers mehr und mehr leiden zu sehen. Szenenbeifall nicht nur für diese beiden Verlierertypen, sondern minutenlanger Applaus am Ende für das ganze siebenköpfige Ensemble.
Hamburger Abendblatt
Es gibt einen wunderbaren psychologischen Film- Krimi „Nebenan“ mit Daniel Brühl. Wer die Geschichte um den Wendeverlierer Bruno mit voller Wucht erleben will, so dass sie richtig unter die Haut geht, legt aber nicht die DVD ein, sondern geht ins St. Pauli Theater, wo das ungleiche Paar Stephan Grossmann als Bruno im Psychoduell mit Oliver Mommsen als Oliver, und ein großartiges Kneipenpersonal die deutsche Erstaufführung des Kehlmann-Krimis zu einem unvergesslichen Theaterereignis machen.
Regisseur Ulrich Waller hat im gruselig-schönen Dreh-Bühnenbild von Raimund Bauer die Szenen des Stücks nahezu filmisch voneinander getrennt. Was kann das eben Gesehene noch toppen, welche dunklen Seiten werden noch ans Licht kommen? Es wird zuverlässig in der nächsten Szene übertroffen bis zum ebenfalls überraschenden Finale.
Die Welt
Oliver Mommsen und Stephan Grossmann sind die ideale Besetzung für das Stück. Die wechselnde Dynamik und das sich verschiebende Machtverhältnis zwischen den Figuren Bruno und Oliver gelingt ihnen perfekt. Ein spannendes Kammerspiel mit Western-Charakter.
NDR-Hamburg-Journal
Überzeugen kann das Stück auch mit seinen absurden Momenten, die nicht nur der Feder des Autors Daniel Kehlmann, sondern auch dem vertrauten Zusammenspiel von Oliver Mommsen und Stephan Grossmann zu verdanken sind. Sie verleihen „Nebenan“ eine Leichtigkeit, die bei all der Tiefe auch einen kurzweiligen Theaterabend verspricht.
Tag24
Wir trauern um unseren Freund und Regisseur Jürgen Flimm
Wir trauern um unseren Freund und Regisseur Jürgen Flimm
Mit dem Regisseur und Intendanten Jürgen Flimm verliert die deutsche Theaterszene eine ihrer strahlendsten Persönlichkeiten, der als 68er seine Arbeiten immer als politische begriffen und dabei immer auch die Nähe zu seinem Publikum gesucht hat.
Wir sind uns das erste Mal begegnet, als er in Frankfurt bei Michael Giehlen und Klaus Zehelein im Frühjahr 1979 seine erste Oper inszenierte, Luigi Nonos „Al gran sole carico d´amore“. Der Einstieg in eine für einen Schauspielregisseur beispiellose Opernkarriere, die ihn an alle großen Opernhäuser der Welt führen sollte. Die Intendanz der Staatsoper unter den Linden in Berlin war die letzte seiner erfolgreichen Intendanzen.
Nach der Premiere – ich erinnere mich noch an den vor Begeisterung randalierende Rainer Werner Fassbinder und seine Entourage in den Logen im 1. Rang. – trafen wir uns in einer Wohnung im Westend zu Vorgesprächen für Kleists „Käthchen von Heilbronn“, mit dem Flimm seine Kölner Schauspiel-Intendanz eröffnen wollte.
Im darauf folgenden heißen Sommer begannen die Proben. In den Hauptrollen die frisch aus der DDR ausgewiesene Katharina Thalbach und Elisabeth Trissenaar als Kunigunde, die mich regelmäßig nachts nach der Probe aus der „Glocke“, einem berüchtigten Kölner Theaterlokal bei Flimm anrufen ließen, um – auch durch den Alkohol – groß gewordene Probleme endgültig zu klären. Natürlich ist Flimm klugerweise nicht gekommen, denn um diese Uhrzeit hatte Kathi Thalbach noch gar nicht mit ihrem Freund Thomas Brasch telefoniert, der uns regelmäßig mit Inszenierungsvorschlägen bombardierte.
Als sein erster Assistent saß ich natürlich neben ihm auf der Bank. Wir redeten uns nur mit Hennes und Hannes an. Er war Weißweiler, die Legende, ich Löhr, sein Assistent, also das damalige Trainergespann vom 1.FC Köln. Montags gab es im Kölner „Expreß“ immer neue Bilder des Grauens auf der Trainerbank, die ich ins Regiebuch klebte und die Flimm dann mit neuen, auf uns gemünzten, Texten versehen hat.
Und auch wir hatten ein fast unlösbares Problem: die berühmte Szene unter dem Holunderbusch, in der Käthchen fast somnambul dem Ritter, gespielt von Michael Rastl, ihre Liebe offenbart. Die Abendprobe wurde lang und länger, die Konzentration auf der Trainerbank ließ nach. Auch meine Gänge auf die Toilette, wo ich mir regelmäßig minutenlang kaltes Wasser die Unterarme runterlaufen ließ, brachten nichts mehr. Bis Jürgen seinen Kopf auf den Regietisch legte und zu mir rüberflüsterte: „Da passiert doch nichts zwischen denen, verstehst Du das?“
Katharina Thalbach, die nun – ganz gegen die Regieanweisungen Kleists – ihre Augen offensichtlich nicht geschlossen hatte, stand plötzlich auf und kam barfuß mit ihrem kleinen Rucksack durch den Zuschauerraum und baute sich vor uns auf. Und in ihrer direkten Berliner Art kam sie auch gleich zur Sache: „Wat is los, Jürgen?“.
„Ich weiß es auch nicht, aber es ist überhaupt nichts erotisch zwischen Euch beiden. Mich macht das überhaupt nicht an.“ Flimm war mit einem Schlag wieder wach. Das konnte Katharina Thalbach allerdings nur kurz verblüffen: „Wat heßt denn hier keene Erotik? Dann mußt Du die Erotik eben organisieren!“
Und bevor wir schlucken konnten, war das Käthchen wieder auf der Bühne, legte sich auf, neben, unter ihren verwirrten Partner, nahm seine Hand, nahm seinen Kopf und drehte und verbog ihn nach allen Richtungen. „Wie soll ick ihn halten, so, so, oder so? Nu sag mal was, wie sieht det aus? Det is doch ne Wirkungsfrage.“ Jürgen guckte mich etwas ungläubig an: „Hannes, meinste so geht das mit der Erotik?“.
Dabei hatte Flimm mir kurz vorher, in eben dieser berüchtigten „Glocke“, nachts, nach unzähligen Kölsch erklärt: „Uli, eigentlich bin ich gar kein Regisseur, ich bin Wirkungsmechaniker“ und jetzt das. „Siamo in crisi“, hat er in solchen Situationen immer gesagt, er, der eine große Affinität zu Italien und dort Jahre lang einen zweiten Wohnsitz hatte.
Die Aufführung wurde auch wegen ihres poetischen Zaubers ein großer Erfolg. Wir, die wir aus Frankfurt kamen, verstanden das, in unserer Verkopftheit, nur teilweise, weil wir von Wirkungsmechanik wirklich keine Ahnung hatten und alle Zugeständnisse daran für einen Verrat an der Kunst hielten.
Dieser Disput gipfelte dann in einer zweiten Arbeit der Frankfurter Gruppe: Heiner Müllers „Mauser“. Heute würde ich sagen: Einer der letzten Großangriffe des Regietheaters, das sich um Publikum und Vermittelbarkeit als letztes scherte. Und das bei Flimm, der doch den wunderbaren Satz geprägt hat: Das schönste Theater ist ein volles Theater. Das kannten wir in Frankfurt nicht. Der Bühnenbildner, immerhin Erich Wonder, der auch für Flimm viele Räume entworfen hat, hatte den Zuschauerraum so überbaut, dass im Parkett gar niemand mehr sitzen konnte. Und als dann der Regisseur noch den Satz sagte: Wenn ich nur einen Abonnenten in der Premiere sehe, breche ich die Vorstellung ab“, war das Tischtuch leider endgültig zerschnitten, denn Flimm hatte eine vollständig andere Vorstellung im Umgang mit Zuschauern. Und er meinte jeden Zuschauer, nicht nur ein vermeintliches Fachpublikum.
Heute wäre ich klar auf Flimms Seite. Das Dilemma war: Die vorangegangene „Antigone“-Arbeit dieser Gruppe hatte ihm so gefallen, dass er sie unbedingt in Köln haben wollte. Und wenn ihn einmal die Arbeit eines Kollegen oder einer Kollegin begeistert hatte, dann konnte er richtig Fan sein, wie kaum ein anderer Regisseur. Und so war es für ihn überhaupt kein Problem, an die Häusern, die er geleitet hat, Künstler einzuladen, die von ihrem Rennomme mindestens auf seinem Level waren.
Heute – in der Rückschau – sind viele Dinge geblieben von Flimms kleiner Intendantenschule, die ich ein knappes Jahr lang genießen durfte: z.B., dass man eine Spielzeit immer mit einem Fest anfängt, habe ich von ihm gelernt. Auf dem Eröffnungsfest, mit dem er Köln im Sturm eroberte, habe ich kapiert, dass Theater auch Spaß machen kann, auch das kannte ich aus Frankfurt so nicht.
Auch daß man mit Assistenten essen geht und teuren Wein bestellt, von dem man dann nur höchstens ein Drittel der Flasche bezahlt, und dann die Assistenten bluten lässt, das hat es bei ihm, im Gegensatz zu vielen Regiekollegen der 68er Generation wirklich nie gegeben.
Flimm hat früh erkannt, daß diese Generation ein großes Problem hatte mit dem Weitergeben von Wissen und Geheimnissen und, weil sie selbst nicht älter werden konnte oder wollte, ausnahmslos kinderlos geblieben war, d.h. kein Assistent dieser Väter (Frauen gab es zu der Zeit faktisch noch nicht in diesem Beruf) ist ein großer Regisseur geworden.
Und so hat er sich zusammen mit Hark Bohm und Professor Manfred Brauneck an der Gründung eines akademischen Regiestudienganges an der Hamburger Universität beteiligt, der damals völlig neue Wege der Ausbildung ermöglichte. Daraus ist die Theaterakademie entstanden. Fast alle heute gehypten jungen Regisseure haben diese Ausbildung, die dann schnell auch in anderen Städten Schule machte, genossen.
Was man auf dem klassischen Weg in den Beruf als Assistent, der seine Ausbildung quasi als Lehrlingsausbildung vom Regisseur erhält, besser lernen kann, ist der Umgang mit Schauspielern. Und den konnte man bei ihm wirklich studieren, weil er als Arztkind die Nähe von Schauspieler und Patient immer im Kopf hatte und nie alles Ernst nahm, was Schauspieler oder Schauspielerinnen in der Not und im Kampf mit einer Rolle erfinden und von sich geben. Daß das Problem mit einer Figur vielleicht ganz andere, manchmal auch ganz banale oder private Gründe haben konnte und man sich auch um die kümmern mußte, wußte er sehr genau. Unvergessen auch seine Fähigkeit bei den vielen Trauerreden, die er für Kollegen halten mußte, immer den Kern, das Besondere eines Menschen zu treffen und nochmal sichtbar zu machen. Und sicher war das Arztkind in ihm auch mitverantwortlich für seine Treue zu Künstlern, die in Not geraten waren, sozial oder gesundheitlich oder sonst wie. In wie vielen Fällen hat er da geholfen, ohne darüber zu reden. Das hat mir immer genauso imponiert, wie seine Großzügigkeit im Privaten.
Ich bin damals weggegangen von Köln nach Hamburg und habe dann eine ganz andere Seite von ihm kennenlernen dürfen. Sein Elefanten-Gedächtnis und dass man ihn nicht so einfach verlässt, jedenfalls nicht so einfach mit einem Brief. Mindestens fünfzehn Jahre, glaube ich, hat er danach nicht mehr mit mir gesprochen.
Nach unserer Versöhnung, haben wir uns immer wieder getroffen im Lauf der Jahre. Ein Abend mit ihm war nie ein verlorener Abend, manchmal kam er aus dem Nichts, wie in jener durchtrunkenen Winternacht in der Nähe seiner Wohnung in Berlin, als ich von hinten nur seinen Schatten sah. Und bevor man lange herumredete, war die nächste Kneipe erreicht, der beste Rotwein auf dem Tisch und alles, als wäre es erst gestern gewesen.
In meiner Kammerspiele-Zeit hat er sich das ein oder andere Mal schützend gegen Attacken aus der Politik vor uns gestellt, wenn es nötig war. Und irgendwann haben wir angefangen darüber zu sprechen, ob Flimm nach seiner Opernzeit nicht noch einmal wieder zurückkehren wolle ins Sprechtheater. Und er wollte. Und so kam es, daß wir in seinem provisorischen Intendantenzimmer im Schillertheater, in dem die Staatsoper Berlin einquartiert war, über Stücke geredet und Termine hin- und her geschoben haben. Aber es war wie verhext, als sollte es nicht sein. Und als ich es schon fast nicht mehr daran geglaubt hatte, kam Flimm an, mit dem Vorschlag „Gefährliche Liebschaften“ und gleich auch mit einer fulminanten Besetzung. Die Rückkehr von Flimm ins Sprechtheater, der Kunst, in der er groß geworden war, plötzlich schien sie zu klappen.
Februar 2020: Die Proben liefen gut in Berlin, bis zwei Wochen vor der Premiere die schwarze Covid-Wolke auftauchte. Ich fuhr noch hin, sah einen sehr spannenden Durchlauf, mit einer zwischen kühler Souveränität und Gefühlsverwirrtheit virtuos schwankenden Martina Gedeck, einer bis ins Herz aufgerissenen Meike Droste und dazwischen einen bis an die Grenze unverschämten Sven Eric Bechtolf als Valmont auf einem Drahtseil tanzend zwischen Glanz und Absturz.
Klar, das war alles noch nicht ganz fertig, noch nicht im Detail abgeprüft an der Realität der Bühne. Aber man konnte eine richtig tolle Aufführung in Hamburg erwarten, eine eindrucksvolle Rückkehr. Nach dem Durchlauf wurde ich aber überschwemmt mit ganz anderen Problemen. „Was mache ich am Montag? Kann mein Kind noch in die Kita?“ – „Kommen wir überhaupt noch nach Hamburg?“. Am Montag sollte technische Einrichtung sein, ab Dienstag die Schauspieler und Schauspielerinnen auf die Bühne des St.Pauli Theaters kommen. Dazu kam es nicht mehr durch Corona und die nicht aufhören wollenden Lockdowns, was keiner mehr bedauert hat als ich. Und leider kam es auch nicht mehr zum „Letzten Band“ von Flimm mit einem seiner Lieblingsschauspieler aus Thalia-Zeiten Wolf-Dietrich Sprenger.
An all das mußte ich denken nach unserem letzten Treffen vor zwei Monaten bei ihm auf dem Land, auf seinem großen alten Hof bei Stade, wo wir drei Stunden lang Käsekuchen essend höchst vergnügt durch die Theatergeschichte surften. Und auch als ich ihn noch einmal vor ein paar Tagen sah, da war er schon auf dem Weg in eine andere Welt. Und die Elbe schien sich bei der Fahrt mit der Fähre von Wischhafen nach Glücksstadt in den Styx zu verwandeln.
„Blau“ soll eines seiner letzten Worte gewesen sein. Jetzt ist er drüben angekommen. Ich bin sicher, dort wird er bald wieder inszenieren.
Meine Gedanken sind bei Susanne Ottersbach, die ihn mit soviel Liebe und schier nie enden wollender Kraft so lange begleitet und ihm mehr als einmal im wahrsten Sinne des Wortes das Leben gerettet hat.
Tschüß Jürgen. Geh schon mal vor und mach die Flaschen auf. Wir kommen nach.
Ulrich Waller














































































































