Das Paradies ist immer woanders

„Il paradiso é sempre altrove“
von Matteo Marsan, Dania Hohmann, Ulrich Waller

„DAS PARADIES IST IMMER WOANDERS“ (AT) ist der dritte Teil eines italienisch-deutschen „THEATERS DER ERINNERUNG“, der die jüngere gemeinsame Geschichte beider Länder beschreibt.

Für fast zehn Jahre war Italien nach 1968 für eine ganze Generation junger Deutscher so etwas wie das gelobte Land. Hier schien etwas möglich, wovon die deutsche Linke, die von der Entwicklung der Studentenbewegung frustriert war, weit entfernt war, die Verbindung zu den Arbeitern in den großen Fabriken.

Als ein Weg erschien der sich anbahnende „historische Kompromiss“, eine Verbindung der kommunistischen Partei, die sich unter ihrem Vorsitzenden Berlinguer von den real existierenden sozialistischen Staaten und von Moskau weitestgehend emanzipiert hatte und den Christdemokraten, unter Aldo Moro, also eine friedliche „Revolution“ der Gesellschaft auf parlamentarischem Weg, und sogar die Überwindung des Kapitalismus als Wirtschaftsform schien in greifbare Nähe gerückt.

Von dieser anderen Perspektive zu leben fasziniert, zog es viele junge Deutsche nach Süden. Sie wollten diesen Prozess der gesellschaftlichen Veränderung aus der Nähe „studieren“. Italien wurde für eine ganze Generation von Deutschen, wie so oft in der Geschichte beider Völker, zum Sehnsuchtsland.

Und die Themen, um die es damals ging, klingen so, als wären sie von heute: gesellschaftlich Mitbestimmung, Emanzipation, zu hohe Mieten, Umwelt, also die Frage: Wie wollen wir leben?

Ausgangspunkt unseres Projektes ist eines der legendären Feste der „Unita“, der kommunistischen Parteizeitung, im Sommer 1976 in einem Dorf in der Toskana. Drei junge Deutsche erscheinen und treffen auf einen ziemlich bunten Haufen von italienischen „Genossen“, örtliche Parteifunktionäre, aber auch solche, die schon viel radikaler denken, wie etwa ein untergetauchtes Mitglied der „Roten Brigaden“. Eine komplizierte Auseinandersetzung vermischt mit italienisch-deutschen Liebesgeschichten beginnt, und mit Aldo Moros Tod, erschossen durch die Roten Brigaden, endet.

Im zweiten Teil dreht sich die Geschichte um. Heute ist Deutschland und insbesondere Berlin der Traum einer ganzen Generation von jungen Italienern. Drei junge Italiener aus der Toskana, Kinder bzw. Enkel der Genossen des „Unita“-Festes in Teil 1, kommen nach Berlin und ihr Anlaufpunkt wird eine Weinhandlung, Von Alt-68ern gegründet, die 76 in Italien waren und inzwischen Experten für italienischen Rotwein geworden sind. Fast ungläubig lauschen die jungen Italiener den Geschichten von einer fast gelungenen Revolution in ihrem eigenen Land, das einmal Avantgarde war. Ein Diskurs zwischen den Generationen beginnt, der natürlich wieder um die Frage kreist: „Wie wollen wir leben“?

Schauspieler und Kreativteam

Mit: Adriana Altaras, Daniela Morozzi, Bebo Storti, Peter Franke u.a.

Buch / Regie: Matteo Marsan, Dania Hohmann, Ulrich Waller | Ausstattung: Georg&Paul | Kostüme: Bettina Proske/Laura Celesti

Produktion: St. Pauli Theater Hamburg/ Teatro Alfieri Castelnuovo Berardenga
mit Unterstützung der ZEIT-Stiftung und des Goethe-Instituts Rom, unter der Schirmherrschaft der Deutschen Botschaft in Italien

Premiere

Juli 2023